Buch: Konfliktbearbeitung in der Nachbarschaft |
Konfliktbearbeitung in der Nachbarschaft
(mitarbeiten 03/08 ) Immer
wiederkehrende Schlagzeilen über Gewalt in Schulen, Familien und in der
Öffentlichkeit haben das Bewusstsein dafür geschärft, dass der
innergesellschaftliche Frieden nicht selbstverständlich, sondern gerade
in Zeiten gesellschaftlicher Veränderungen gefährdet ist. Viele
Kommunen sehen sich überfordert, wenn Gewalt in ethnisierten oder
politisierten Formen das gesellschaftliche oder nachbarschaftliche
Zusammenleben in Frage stellt. Die bisherigen kommunalen Ansätze der
Konfliktbearbeitung – etwa im schulischen Rahmen – erweisen sich als
unzureichend. Eine neue Publikation der Stiftung MITARBEIT in
Kooperation mit dem Bund für Soziale Verteidigung stellt neue Methoden
und Handlungsansätze zur Konfliktbearbeitung in der Nachbarschaft vor.
Grundlage bilden Praxisbeispiele aus Deutschland, der Slowakei, den
Niederlanden und Frankreich.
Kommunale Konflikte sind stets komplex, da eine Vielzahl von Menschen und Gruppierungen direkt oder indirekt vom Konflikt oder durch mögliche Lösungsmaßnahmen betroffen sind. Am Anfang steht daher eine sorgfältige Konfliktanalyse, um die jeweils Beteiligten zu identifizieren und zum Engagement aufzufordern. Dabei ist es wichtig, auch diejenigen in einen Lösungsprozess mit einzubeziehen, die traditionell eher ausgegrenzt werden und/oder ihre Interessen nicht lautstark vertreten. Neben der Auswahl der »richtigen Repräsentant/innen« ist die Organisation eines transparenten und gleichberechtigten Problem- oder Konfliktlösungsprozesses vonnöten, in dem sich die Betroffenen wiederfinden, mit deren Lösungen sie sich identifizieren und an deren Umsetzung sie sich aktiv beteiligen. Viele Projekte verzichten dabei ganz gezielt auf den Einsatz externer Expert/innen: Konfliktschlichter/innen aus der Nachbarschaft mögen zwar weniger gut ausgebildet sein. Dafür sprechen sie im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache der Betroffenen. Projekte zur Konfliktbearbeitung in der Nachbarschaft nachhaltig in der Kommune zu verankern, heißt sie systematisch zu verstetigen. Zwar ist es notwendig, auf Krisensituationen mit kurzfristigen und innovativen Projekten reagieren zu können. Ziel der Krisenreaktion muss es nach Ansicht der Autor/innen aber sein, langfristige Lösungsprozesse zu ermöglichen. Gerade komplexe kommunale Konflikte brauchen Zeit, damit sie konstruktiv ausgetragen und die Akteur/innen auch bei Rückschlägen motiviert und unterstützt werden können. Letztlich können nur langfristige Prozesse die notwendige Transparenz sowie die Beteiligung und das Engagement der Bürger/innen garantieren. Zusammenfassend formulieren die Autor/innen Orientierungspunkte für eine systematische und konstruktive Konfliktbearbeitung auf kommunaler Ebene. Erstens: Die Bürger/innen müssen und können ihre Konflikte selber lösen. Zweitens: das ehrenamtliche Engagement der Bürger/innen braucht systematische Unterstützung. Drittens: In etlichen Fällen kann es sinnvoll und notwendig sein, die Konfliktarbeit der Bürger/innen in gewissem Umfang zu bezahlen. Viertens: Konfliktbearbeitung braucht Kontinuität und Krisen. Arajärvi, Outi/Kunter, Björn (Hrsg.): Konfliktbearbeitung in der Nachbarschaft. Sieben Praxisbeispiele für ein friedliches Miteinander aus Deutschland, der Slowakei, den Niederlanden und Frankreich, Arbeitshilfe Nr. 39, Verlag Stiftung MITARBEIT in Kooperation mit Bund für Soziale Verteidigung, Bonn 2008, 84 S., 8,- €, ISBN 978-3-928053-98-3, zu beziehen über den Buchhandel oder hier |