Menschenrechtsaktivistin in den Tod getrieben PDF Drucken
PRESSEERKLÄRUNG

Menschenrechtsaktivistin in den Tod getrieben

Regime in Belarus erhöht Druck auf Opposition

jana polyakova blaue flecken.jpgjana polyakova.jpgAm Morgen des 7. März 2009 wurde die 36-jährige Juristin Jana Poljakova in ihrer Wohnung in Soligorsk erhängt aufgefunden. Der Freitod steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gerichtsurteil, das gegen sie am 3. März 2009 erlassen worden war. Prozessbeobachter hatten das Express-Verfahren als nicht den Rechtsstandards entsprechend bezeichnet; Jana Poljakova sah nun keinen anderen Ausweg mehr, der verhängten Strafe von 2,5 Jahren Freiheitsentzug zu entgehen.

 

Zu dem harten Urteil war es gekommen, nachdem auf die Beschwerde der politisch aktiven Poljakova bei der Staatsanwaltschaft mit einer Klage auf „Falschanzeige gegen einen Polizisten“ nach Artikel 400 Strafgesetzbuch reagiert worden war und die Geschädigte selbst zur Angeklagten wurde.
Ursprünglich hatte sie die Bestrafung des Polizeikapitäns V. A. Pugachev angestrebt, der sie vor den Parlamentswahlen im Herbst 2008 unter physischer Gewalt (Foto mehrere Monate später) zu einer Unterschrift zwingen wollte. Mit dieser Unterschrift sollte sie dokumentieren, dass sie von weiterer Unterstützung der bekannten belarussischen Politikerin Olga Kasulina (Sozialdemokratische Partei „Gramada“) im Wahlkampf 2008 Abstand nimmt. Neben dem Zwischenfall auf der Polizeistation hatte es während der Wahlkampfperiode wiederholt Anrufe des Soligorsker KGB gegeben und war auch psychischer Druck auf Poljakova ausgeübt worden.

 

Mit dem Urteil am 3. März, einen Tag vor den Feierlichkeiten zum „Tag des Polizisten“ am 4. März, wurde die Glaubhaftigkeit der Angeklagten für niedriger befunden als die der Polizei. Zur Anklage gegen Poljakova führte das Bestreben der Minsker Staatsanwaltschaft. Nach dem Urteil gab es zudem einen Hetzartikel in der regimetreuen Zeitung „Belarus Heute“. Das Verfahren scheint politisch motiviert gewesen zu sein.

 

Jana Poljakova war als Aktivistin der Nichtregierungsorganisation „Rechtshilfe für die Bevölkerung“ mit anderen Menschenrechtsinitiativen in Belarus vernetzt; so auch mit der vom deutschen Bund für Soziale
Verteidigung unterstützten Kampagne „Unser Haus“ – einem Zusammenschluss von Kommunalaktivisten in ganz Belarus. Belarus, dessen Regierung seit Mitte letzten Jahres den Dialog mit der Europäischen Union verstärkt hat und eine Reihe politischer Gefangener entlassen hatte, setzt seine Opposition auch im
Jahr 2009 Repressionen aus: Einigen Menschenrechtsorganisationen wird nach wie vor die staatliche Registrierung verweigert; Zeitungen warten auf eine Zulassung bei der staatlichen Verteilungsinstanz; Anträge auf Meetings im öffentlichen Raum werden regelmäßig abgelehnt.
In Belarus reagierte die oppositionelle Gegenöffentlichkeit mit einer Gedenkveranstaltung in Minsk am Abend des 7. März.

Verantwortlich: Björn Kunter
 Für Nachfragen und Kontakte nach Belarus wenden Sie sich bitte an Björn
Kunter: 05843-986180