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NEWSLETTER 11/2006

INHALT

  • Schwerpunkt: Tagung zu Ziviler Konfliktbearbeitung in Deutschland
  • Bundesausschuss: Frieden für Nahost
  • LehrerInnenweiterbildung in Minsk
  • Website No-Blame-Approach
  • Empowerment für den Castor-Widerstand
  • "Weltkarte der Hoffnung"
  • G8-Protestaktion
  • Studientag „Gewaltfreiheit zur Veränderung oder Bildung?"
  • Peace Tax Conference 2006
  • Termine

TAGUNG ZUR ZIVILEN KONFLIKTBEARBEITUNG IN DEUTSCHLAND
Ausbau und Verstetigung der Arbeitsstrukturen angestrebt

Vom 3. bis 5.11., trafen sich auf Einladung der Evangelischen Akademie in Bonn und der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung mehr als 50 Aktive aus Ost- und Westdeutschland in Bonn, die sich im Bereich der Zivilen Konfliktbearbeitung und Gewaltprävention im Inland engagieren. Nach Abschluss der ausgebuchten Tagung zogen die Veranstalter eine positive Bilanz:

Es gibt bereits VIELE ZIVILGESELLSCHAFTLICHE PROJEKTE in Deutschland, die in gesellschaftlichen Konfliktfeldern arbeiten. "Diese Vielzahl ist sehr erfreulich, aber es fehlt noch an projektübergreifendem Austausch untereinander und einem ‚Roten Faden', an dem sich alle Beteiligten orientieren können", so Julia Jäger von der Klaus Jensen Stiftung in Trier. Dies erschwere sowohl die konkrete Projektarbeit als auch z.B. ein gemeinsames Auftreten gegenüber politischen Entscheidungsträgern.

Auch zwischen Projekten in WEST- UND OSTDEUTSCHLAND bestehen Informationsdefizite: "In Ostdeutschland gibt es eine nunmehr fünfjährige Arbeit mit den Mobilen Beratungsteams und Opferberatungsstellen im Kampf gegen Rechtsextremismus. Diese Erfahrungen werden von westdeutschen Initiativen aber kaum wahrgenommen.

Andererseits werden westdeutsche Erfahrungen in der Arbeit mit MigrantInnen oder Friedenspädagogik noch zu wenig in der ostdeutschen Arbeit berücksichtigt. Dabei arbeiten west- und ostdeutschen Initiativen zum Teil mit ähnlichen Methoden, haben aber auch jeweils spezifische Methoden erarbeitet oder weiterentwickelt", so Christof Starke vom Friedenskreis Halle und Mitglied des Initiativkreises der Plattform.

Im Rahmen der Plattform für Zivile Konfliktbearbeitung sollen nun in nächster Zeit NEUE UND STABILE ARBEITSSTRUKTUREN angestrebt werden, vergleichbar den bereits bestehenden für die Zivile Konfliktbearbeitung im Ausland. Als eines der ersten konkreten Ergebnisse der jetzt beendeten Tagung wird es 2007 ein gemeinsames Treffen von ost- und westdeutschen Projekten geben. Vom 4.- 6.Mai 2007 veranstaltet die Akademie gemeinsam mit dem Bund für soziale Verteidigung eine Tagung zur

Konfliktbearbeitung in interkulturellen Kommunen. Vom 16.-18.11.2007 soll der Forschungsverbund zu Religion und Konflikt in der Akademie tagen.

Neben dem Erfahrungsaustausch gab es Gelegenheit, die Arbeit einzelner Projekte näher kennen zu lernen. Dabei wurde deutlich, wie wichtig es ist, bei der Arbeit in gesellschaftlichen Konfliktfeldern die Perspektive des jeweils Anderen wahrzunehmen und einzunehmen.

So berichtete z.B. Eva-Maria Willkomm, Oekumenischer Dienst Schalomdiakonat, über einen interreligiösen Trainingskurs für gewaltfreies Handeln. Obwohl es gar nicht gewollt oder beabsichtigt war, habe sich auch in diesem Kurs das gesellschaftliche Machtgefälle widergespiegelt, das zwischen der christlich geprägten Mehrheit und der muslimischen Minderheit besteht. " „Es ist viel Fingerspitzengefühl gefragt, selbst bei der Wahl des Ortes für ein Gespräch", so zwei Mitarbeiterinnen des Berliner Mediationsbüro Mitte, die im Stadtteil Neukölln Projekte zwischen Anwohnern unterschiedlicher kultureller Herkunft initiieren. "Ein Büro ist meist ungeeignet, da es MigrantInnen schnell an unangenehme Befragungen in der Ausländerbehörde erinnert. Oft werden die Gemüter allein dadurch besänftigt, dass man erfährt, warum der andere das und das tut."

BUNDESAUSSCHUSS: FRIEDEN FÜR NAHOST
Was können europäische Friedensorganisationen tun?

Israel/Palästina ist die Konfliktregion, in der sich anteilig die meisten ausländischen Hilfs-, Solidaritäts- und Friedensorganisationen engagieren. Nicht erst angesichts der aktuellen Verschärfung der Konfrontation stellen wir uns die Frage, ob das, was wir tun, geeignet ist, um einen messbaren Beitrag in Richtung Konflikttransformation zu leisten. Zudem erleben wir uns in dem Spagat zwischen politischer Bewegungsorganisation in der außerparlamentarischen Opposition und konstruktivem Dialog und Vermittlung zwischen den Konfliktparteien. Wir sehen uns konfrontiert mit einer Reihe von Tabus und Beschränkungen und müssen uns immer wieder fragen, wie weit wir uns diesen beugen und wie weit es nicht nur für die MEnschen in der Region sondern auch für uns darum gehen sollte, Grenzen zu überschreiten.

So stehen wir z.B. in unseren Projekten vor der Frage, ob und wie weit wir Kontakte auch zu gewaltbereiten Gruppen, z.B. jüdischen Siedlern und zu islamischen Fundamentalisten aufnehmen können oder gar müssen. In unserem politischen Engagement sind wir überzeugt, dass gewaltmindernde Strategien besser geeignet sind, die Sicherheit der israelischen Bevölkerung zu gewährleisten, als militärische Strategien und Aufrüstung. Wie aber vermitteln wir dies - im eigenen Land wie auch vor Ort?

Was sind in diesem politischen Minenfeld gangbare, Erfolg versprechende Wege in Richtung Frieden? Wo müssen wir vielleicht mit unseren Partnern aus der deutschen und europäischen Friedensbewegung noch enger zusammenarbeiten, wo stärker eigene Profile zeigen?

Diesen brisanten Fragen wollen wir uns auf dem diesjährigen Treffen unseres Bundesausschusses widmen. Der Bundesauschuss der BSV-Mitgliedsorganisationen ist auch für interessierte Mitglieder offen. Wir freuen uns über Deine Teilnahme.
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LEHRERINNENWEITERBILDUNG: FRIEDENSERZIEHUNG IN BELARUS

Am 5. Oktober präsentierte das unabhängige Bildungszentrum POST und das Minsker Lehrerweiterbildungsinstitut das mit Unterstützung des BSV entwickelte Handbuch für Klassenlehrer: "Die Kunst im Frieden zu Leben: mit sich selbst, mit anderen, mit der Natur". Das Handbuch mit 16 Unterrichtseinheiten, um Methoden der Konstruktiven Konfliktaustragung im Unterricht zu vermitteln, stieß bei den anwesenden 100 BildungsexpertInnen und vor allem bei praktizierenden KlassenlehrerInnen auf großes Interesse, so dass die Erstauflage schon fast vergriffen ist und das Minsker Lehrerweiterbildungsinstitut (IPK) mit dem Bildungsministerium über eine zweite Auflage verhandelt. Zudem hat das IPK den im Projekt entwickelten Qualifizierungskurs für KlassenlehrerInnen in ihr reguläres Programm mitaufgenommen, so dass die Kurse zukünfitg aus eigenen Mitteln fortgesetzt werden. Angesichts zunehmender Gewalt in belarussischen Schulen besteht eine hohe Nachfrage an Programmen der Gewaltprävention. In Zukunft wollen die Partner daher eine Ausbildung für belarussische MediatorInnen anbieten.

WEBSITE NO-BLAME-APPROACH

(Detlef Beck) Die neuen Informationenseiten zum No-Blame-Approach erfreuen sich einer steigenden "Nachfrage". Neues und insbesondere, Hinweise wie Workshops "vor Ort" organisiert werden können und Termine von bereits vereinbarten Seminaren zum Interventionsansatz gegen Mobbing sind zu lesen unter: www.no-blame-approach.de

EMPOWERMENT FÜR DEN CASTOR-WIDERSTAND

Bei der Auseinandersetzung mit der Polizei entlang derCastorstrecke kann es zu schwierigen Situationen kommen, die vielleicht eskalieren oder in denen wir zum Spielball der Polizei werden. Daher gab es auch dieses Jahr Trainings für gewaltfreie Aktionen. Wer diese verpasst hat und sich noch unsicher fühlt, sollte möglichst schon am 10.11. nach Dannenberg anreisen, um sich mit X-tausendmal Quer vorzubereiten.

Infos: x-tausendmalquer.de

Infos zu Aktionstrainings beim BSV oder (z.B.) Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam-Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können

"WELTKARTE DER HOFFNUNG"

(Birgitta Meier) Alte BSV-Hasen erinnern sich sicher an die Künstlerin Birgit Berg. Sie zeigte uns auf vielen Jahrestagungen wunderschöne grafisch-lyrische Besinn-Karten, mit denen sie für den Frieden warb. Birgit Berg starb im Februar 2005 im Alter von nur 59 Jahren. Eines ihrer letzten Projekte war die "Weltkarte der Hoffnung". Dort waren, auf einer künstlerisch gestalteten Weltkarte, gewaltfreie Ereignisse eingetragen, die Hoffnung auf eine bessere Welt machen sollten, z.B. die indische Unabhängigkeitskampf unter Gandhi, die US-Bürgerrechtsbewegung, aber auch weithin unbekannte Ereignisse. Das Friedensmuseum Nürnberg hat nun diese Idee aufgegriffen und führt sie fort. Eine Arbeitsgruppe entwirft derzeit eine Ausstellung zur "Weltkarte der Hoffnung". Die weltweiten Ereignisse sollen an "lokalen Hoffungszeichen" gespiegelt werden, an Aktionen der Friedens- und Ökologiebewegung. So entsteht auch ein sichtbares Netz von historischen und lebenden Gruppen der Region, wie es Birgit Berg einmal deutschlandweit vorschwebte. Im Januar wird die Ausstellung dann der Öffentlichkeit vorgestellt. Weitere Beiträge aus dem fränkischen Raume werden übrigens noch gesucht! Nähere Informationen: Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam-Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können

G8-PROTESTAKTION

(Kai-Uwe Dosch) Eine Friedensgruppen aus Mecklenburg-Vorpommern, unter anderem die "Freie Heide" und die "Sichelschmiede", haben sich auf ein Aktionskonzept am "Bombodrom" zum G8 geeinigt. Am 3. Juni 2007 soll die Verbindung zwischen dem G8-Gipfeltreffen in Heiligendamm, dem Truppenübungsplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide und dem Flughafen in Laage aufgezeigt werden. Es ist geplant so genannte "Zielpyramiden" auf dem Platz nachzubauen und wenn möglich als Hütten für eine probeweise oder nachhaltige Neubesiedlung zu nutzen.

Nähere Informationen: www.sichelschmiede.org

AUS DEN ARBEITSGRUPPEN
STUDIENTAG „GEWALTFREIHEIT ZUR VERÄNDERUNG ODER BILDUNG?"

(Achim Schmitz) Am 7.10.2006 luden das IFGK, das Archiv Aktiv, das Institut für konstruktive Konfliktaustragung und Mediation und die Arbeitsstelle "Gewalt überwinden" der Nordelbischen Kirche zum Studientag in die Friedenskirche Hamburg-Altona ein. Über 40 Menschen tauschten sich anregend über gewaltfreie Themen aus. Einige Referate behandelten Themen, die näher an der gewaltfreien Aktion zur Gesellschaftsveränderung lagen. Andere Themen lagen näher an Ansätzen gewaltfreier Konfliktbearbeitung, bei denen die derzeitigeGesellschaftsordnung nicht grundsätzlich hinterfragt wurde.

Der schwedische Friedensforscher und Friedensaktivist Stellan Vinthagen führte uns in „Gewaltfreie Aktion - eine soziale Praxis von Widerstand und konstruktivem Programm" ein. Auf der Basis von Definitionsansätzen zu Gewalt und Gewaltfreiheit stellte Vinthagen interdisziplinäre Ansätze zur Analyse gewaltfreier Aktion vor. Mit plastischen Beispielen und analytischen Instrumenten war es eine hilfreiche Kombination zwischen Theorie und Praxis.

In zwei parallelen Gruppen wurden 7 Vorträge mit Diskussionen gehalten. Die meisten Referierenden stellten ihre Doktorarbeiten vor: Luise Schramm zur Rolle der evangelischen Kirche in den Konflikten um

Atomkraft in Brokdorf, Miriam Schroer über genderorientierte Evaluation ziviler Konfliktbearbeitung, Karsten Schulz über das Umweltfestival „AufTakt 1993" in Magdeburg und seine Vorläufer sowie Achim Schmitz über Trainings in gewaltfreier Aktion. Martin Arnold schilderte Ergebnisse aus seinem Gütekraft-Forschungsprojekt über die Vorstellungen von Gandhi über die Wirkungsweise von Satjagrah. Beate Friedrich referierte über Perspektiven herrschaftskritischer, radikalökologischer und basisdemokratischer Bewegungs-Akteure bei Umwelt- und Technikkonflikten. Albert Fuchs stellte seine quantitativen Ergebnisse von Erkundungen zum Pazifismus-Militarismus-Komplex vor.

Der nächste Studientag des IFGK findet am 17.3.2007 statt. Bei Angeboten für Vorträge über gewaltfreie Themen oder bei Nachfragen wende man sich bitte an Gudrun Knittel ( Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam-Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können ).

PEACE TAX CONFERENCE 2006

(Friedrich Heilmann) die "11. Internationale Konferenz für Militärsteuerverweigerung und Friedenssteuerinitiativen" beginnt am Donnerstag, 26. Oktober 2006, in Woltersdorf bei Berlin. Drei Tage lang werden über 60 Vertreterinnen und Vertreter aus 16 Ländern die Zusammenarbeit der Friedenssteuerbewegungen beraten. Wir werden uns weitreichende Gedanken zum Thema "Verantwortung" machen, Erfahrungen austauschen und auch miteinander feiern. Die Tagung wird in einem Reader dokumentiert.
www.peacetax-2006.com

TERMINE

10.-13. November
GROSSE SITZBLOCKADE GEGEN CASTOR-TRANSPORT
Infos: www.x-tausendmalquer.de
zu Aktionen im Süden: www.castor-stoppen.de

18. November in Berlin
KONFERENZ: WEG MIT DER MAUER IN PALÄSTINA
Anmeldung und Infos: Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam-Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können
www.konferenz.stopptdiemauer.de

19. November in Berlin
BSV-BUNDESAUSSCHUSS: Frieden für Nahost (s.o.)
Anmeldung und Infos: Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam-Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können

8. bis 10. Dezember 2006 in Bensberg (Nähe Köln)
STREITSCHLICHTUNGSKONGRESS 2006 - für LEHRERiNNEN!
Anmeldungen: Ludwig Weitz, Bornheimer Str. 37,
53111 Bonn, Tel.: 0228 60424-13, Fax: 0228 60424-22,
Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam-Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können , www.streitschlichtungskongress.de

8. SPENDENBAROMETER

Friedensarbeit kostet Geld. Auch in diesem Jahr benötigen wir zur Finanzierung unserer Arbeit wieder Spendeneinnahmen von 95.000 Euro. Nach 9 Monaten haben wir Spenden über 43.542 Euro erhalten. Das entspricht 45,8%!

Auch dieses Jahr sind wir noch guter Hoffnung, dass wir die fehlende Summe in den letzten zwei Monaten erhalten werden. Doch die Zeit drängt. Bitte spenden Sie jetzt, damit auch wir beruhigt das Jahresende erwarten können.

Vielen Dank für Deine/Ihre Unterstützung.

REDAKTION
Kai-Uwe Dosch
Fangstr. 118
59077 Hamm
Tel. 02381 404253
Fax 02381 404917